WAZ, 10.07.2008

Sein Thema ist die Arbeitergeschichte

Der britische Sozialhistoriker Eric Hobsbawm wird mit dem Bochumer Historikerpreis in Höhe von 25 000 Euro geehrt. Der 91-jährige Marxist will zur Verleihung am 28. November anreisen

Von Jürgen Boebers-Süßmann
Bochum. Prof. Klaus Tenfelde, dem Vorsitzenden der Stiftung Bibliothek des Ruhrgebiets, war der Stolz anzusehen, als er am Mittwoch den Preisträger des Bochumer Historikerpreises bekannt gab: Es ist der britische Sozialhistoriker Eric Hobsbawm (91), der mit der Auszeichnung für sein Lebenswerk geehrt wird.

Der international geschätzte Hobsbawm gehört zu den Pionieren der empirischen Erforschung der Arbeitergeschichte. „Früher als andere zeigte er 1959 Perspektiven einer Sozialgeschichte als ,Geschichte von unten' auf", so Tenfelde, der dem Preisträger die Entscheidung der Jury persönlich überbracht hatte: „ Eric Hobsbawm freut sich sehr und wird zur Preisverleihung am 28. November nach Bochum kommen."

Mit seinem Leben und Wirken habe Hobsbawm , der jüdische Wurzeln hat, die Höhen und Tiefen des 20. Jahrhunderts „direkt erlebt und in seinem Schrifttum umfasst", so Tenfelde. Seine Untersuchungen zur Entwicklung der Arbeiterbewegung und zu den unterschiedlichen Formen von Sozialrevolte seien bis heute beispielhaft.

1917 in Alexandria geboren, wuchs Hobsbawm in Wien und Berlin auf. 1933 emigrierte er nach England, wo er in Cambridge Geschichte studierte. Die Mitgliedschaft in der KP Großbritanniens prägte sein Werk – aber auch seine Karriere und seine Rezeption.

Tenfelde betont, dass der überzeugte Kommunist Hobsbawm sich nie von der Parteilinie habe vereinnahmen lassen. Vielmehr sei „die Breite seines Blicks und die Reichweite seiner Deutungskraft" anzuerkennen. Hobsbawms Hauptwerk ist „Das Zeitalter der Extreme. Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts", eine vierteilige Analyse der bürgerlichen Moderne, die u. a. zu erklären versucht, warum die sozialistische System-Alternative scheitern musste – mithin jene politische Utopie, der Hobsbawm Zeit seines Lebens mit so großen Hoffnungen anhing.

Der mit 25 000 Euro dotierte Historikerpreis wird im Rahmen des 10. Stiftungsfestes der in Bochum beheimateten „Stiftung Bibliothek des Ruhrgebiets" am 28. November verliehen. Die Ehrung würdigt seit 2002 alle drei Jahre herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Die bisherigen Preisträger sind Prof. Lutz Niethammer
(2002) und Prof. Jürgen Kocka (2005).


zit. nach: RN v. 05.04.2008