WAZ, 20.02.2004, Aus dem Westen:

Kooperation statt Elite-Unis

Von Isabelle De Bortoli

"Elite-Universitäten" - das fordern zur Zeit
deutsche Politiker. Von den Hochschulen im
Ruhrgebiet spricht man in diesem Zusammenhang
allerdings nicht. Angehörige der verschiedenen
Forschungseinrichtungen fragten sich am
Mittwochabend in Bochum: Warum?

"Wissenssystem Ruhr - Elite oder Mittelmaß"
war das Thema, zu dem der Verein Pro
Ruhrgebiet im Rahmen der Reihe "Ruhrstadt 2"
einlud. Die Wissenschaftler waren sich einig:
Nur durch Kooperation zwischen den Hochschulen
könnte das Ruhrgebiet zum Ausbildungsort für
Deutschlands Elite werden. Prof. Dietmar
Petzina, ehemaliger Rektor der
Ruhr-Universität, forderte in seinem
Leitvortrag "Nicht Elite sondern Qualität für
alle".

Durch die Vernetzung der vorhandenen
Potenziale müsse eine Qualitätssteigerung
erreicht werden. "Auch müssen sich Hochschulen
spezialisieren. Es gibt einfach von zu vielem
etwas". Hier sieht Petzina aber zugleich das
größte Problem, das eine Schwerpunktbildung im
Ruhrgebiet verhindern könnte: "Die Profilsuche
führt auch zu Konkurrenz und Eifersüchteleien.
Es gibt einen Konflikt zwischen Kooperation
und Konkurrenz". Dabei könne nur Kooperation
den Wissensstandort Ruhr national und
international wettbewerbsfähig machen.

Ein Defizit des Ruhrgebiets im Vergleich zu
anderen deutschen Forschungsstandorten wie
Berlin oder München sahen auch die anderen
Diskussionsteilnehmer. Dr. Jürgen Howaldt,
Direktor der Sozialforschungsstelle Dortmund,
und damit Vertreter einer außer-universitären
Forschungseinrichtung, betrachtet die Zukunft
der Hochschulen eher in der Kooperation mit
der Wirtschaft und nicht untereinander: "Die
Wissenschaft muss auf die Praxis angewendet
werden, nur so kann Elite entstehen". Die
Hochschulen müssten deshalb genau die
Fachleute ausbilden, die die Wirtschaft in der
Region braucht.

Prof. Peter Schulte, Rektor der FH
Gelsenkirchen, schränkte die Idee der
Profilbildung ein: "Große, nachgefragte
Studiengänge müssen nach wie vor an jeder Uni
angeboten werden. Bei kleinen, nicht
ausgelasteten Studiengängen sollte man
zusammenarbeiten und Leuchttürme
herausbilden". Es gebe bereits seit langem die
Idee für ein Kompetenzzentrum Chemie im
Ruhrgebiet, nannte er ein Beispiel - doch es
komme trotzdem nicht zur Umsetzung. Und Prof.
Lothar Zechlin, der neue Rektor der
zusammengelegten Unis Essen und Duisburg,
meinte: "Die Breite der Ausbildung muss
erhalten bleiben und zusätzlich eine
Eliteförderung eingerichtet werden." Insgesamt
unterstrichen die Rektorate aber ihren Willen
zur Kooperation


zit. nach:
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