WAZ, 16.04.2004, Lokalausgabe Bochum

Zwangsarbeiter im Bergbau im Blick

Forschungsprojekt präsentiert Ergebnis

Von Reyhaneh Azizi
Über Judenvernichtung und Rassismus in der
NS-Zeit ist viel berichtet worden. Dagegen
wurde das Thema "Beschäftigung von
Zwangsarbeitern" bisher weitgehend
vernachlässigt. Ein Forschungsprojekt soll
Abhilfe schaffen. Es heißt "Zwangsarbeit im
deutschen Kohlenbergbau".

Das Projekt wurde vom Institut für soziale
Bewegungen und dem Bergbau-Archiv
durchgeführt. Es fing im Jahre
2000 an und wurde von der RAG und der
Stiftung Bibliothek des Ruhrgebietes
finanziell unterstützt. Projektleiter Dr.
Hans-Christoph Seidel vom Institut für soziale
Bewegungen an der Ruhr Universität erklärte
die Besonderheit des Projektes: "Die RAG
Aktiengesellschaft war kein agierendes
Unternehmen in der NS-Zeit. In diesem Sinne
machen wir keine Firmengeschichte, sondern
untersuchen den gesamten Industriezweig
Kohlenbergbau".
In der NS-Zeit waren im Ruhrbergbau etwa 350
000 ausländische Arbeiter tätig - darunter
viele Kriegsgefangene, schilderte Seidel. Auch
im Gebiet Oberschlesien waren viele
KZ-Häftlinge als Zwangsarbeiter im Bergbau
eingesetzt worden.

Das Ergebnis des Projektes ist ein Buch, das
nun als Forschungshilfsmittel für jene dienen
könnte, die sich mit dem Thema beschäftigen
möchten. Die Dokumentation gibt auch einen
Ü berblick über die Quellensituation in den
nordrhein-westfälischen Archiven.

"Das Quelleninventar ist sicherlich für
viele regionale und lokale
Geschichtsinitiativen interessant. Das Thema
Zwangsarbeit in der NS-Zeitwird aber auch
künftig in vielen Schulbüchern eine große
Rolle spielen", bestätigte Seidel die starke
Nachfrage. Auch für viele
entschädigungsrelevante Fragen sei diese
Untersuchung sehr aussagekräftig.

Das ganze Buch ist auch als PDF-Format auf
der Homepage des Bergbaumuseums abrufbar,
damit sich jeder weltweit das Ergebnis der
Forschung anschauen kann.


zit. nach:
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