RUB Pressemeldung, Nr. 361 (2003):

RUB-Forscherin veröffentlich Biografie über Clara Zetkin

Jenseits der Instrumentalisierung

Clara Zetkin eignete sich von jeher für politische Instrumentalisierungen: Als
Initiatorin des Internationalen Frauentages wird sie bis heute für eine feministische
Traditionslinie reklamiert, nach 1989 galt sie den einen als Vertreterin eines
«demokratischen Kommunismus», den anderen als mutige Gegnerin des Faschismus. In der
ehemaligen DDR wurde sie als Lenin-Verehrerin, treue Freundin der Sowjetunion und
kommunistische Pädagogin mythologisiert, im wiedervereinigten Deutschland wurde sie
Mitte der neunziger Jahre als Gegnerin der parlamentarischen Demokratie und
Wegbereiterin einer totalitären Diktatur entthront.

Bürgerlichkeit und Marxismus

Tânia Puschnerats Zetkin-Biographie entzieht sich der politischen Indienstnahme. Sie
rekonstruiert Zetkins privates und politisches Leben lückenlos und liefert zugleich
eine mentalitätsgeschichtliche Fallstudie zum Thema «Bürgerlichkeit und Marxismus»:
Am Beispiel der aus bürgerlichem Milieu stammenden Clara Zetkin beschreibt sie den
Einfluss bürgerlicher Weltdeutungsmuster auf Theorie und Praxis der
sozialdemokratischen und kommunistischen Bewegung im letzten Drittel des 19. und im
ersten des 20. Jahrhunderts. Zetkins langes aktives politisches Leben, das vom
Sozialistengesetz 1878 bis zur Verfolgung der Kommunisten 1933 reicht, reflektiert
die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung und damit die Geschichte der deutschen
Gesellschaft des Kaiserreichs und der Weimarer Republik.

Clara Zetkin

Clara Zetkin (geb. am 5. Juli 1857) knüpfte nach ihrer Ausbildung im
Lehrerinnenseminar in Leipzig erste Kontakte zur Sozialdemokratie und lernte den
russischen Revolutionär Ossip Zetkin kennen, mit dem sie 1882 nach Paris ging und
zwei Söhne bekam. Auf dem Gründungskongress der Zweiten Internationale in Paris
referierte sie über die proletarische Frauenbewegung. Nach dem Auslaufen des
«Sozialistengesetzes» kehrte sie 1891 nach Deutschland zurück, wo sie die
sozialdemokratische Frauenzeitschrift «Die Gleichheit» gründete. Wegen ihrer
Einberufung der Internationalen sozialistischen Frauenkonferenz wurde Zetkin 1915
vier Monate inhaftiert. 1916 war sie beteiligt an der Gründung des Spartakusbunds.
1919 schloss sie sich der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) an. 1920-1933 war
sie für die KPD Mitglied des Reichstags. Als erste Abgeordnete der KPD hielt sie 1920
eine Rede im Reichstag, in der sie Solidarität mit der Sowjetunion forderte. Auf
ihrer ersten Reise in die Sowjetunion schloss sie Freundschaft mit Lenin. 1932
eröffnete sie den neugewählten Reichstag. In ihrer Rede kündigte sie den
Zusammenbruch der kapitalistischen Gesellschaftsordnung an und plädierte für eine
Einheitsfront gegen den drohenden Faschismus. 1933 starb Clara Zetkin bei Moskau.


zit. nach:
http://www.pm.ruhr-uni-bochum.de/pm2003/msg00361.htm