Hauptseminar: 'Deutschland - aber wo liegt es?' - Deutschlandbilder in Vergangenheit und Gegenwart

Prof. Dr. Stefan Berger
14 - 16 Uhr, Dienstag

Ort Zeitungslesesaal der historischen Bibliothek
Beginn 09.04.2013

In den 1980er Jahren glaubten viele Deutsche, dass die Zukunft für sie und andere Nationen in Europa eine postnationale Identität bereit hielte. Man war oftmals skeptisch gegenüber der Nation, die in Deutschland ein ebenso kurzlebiges wie katastrophales Modell von Kollektividentität gewesen schien. Schließlich war die Zeit von 1871 bis 1945 weder für Deutschland noch für Europa eine sonderlich glückliche Zeit. Mit der für viele überraschenden Wiedervereinigung von 1990 begann dann die Suche nach neuer nationaler Identität, die bis heute anhält und zahlreiche kontroverse Diskussionen veranlasst. Doch die Frage, welches Deutschlandbild für die Nation Verbindlichkeit anstrebt, ist nicht erst eine Frage, die nur in den letzten 30 Jahren auf der Tagesordnung steht. Die ¿verspätete Nation` (Helmut Plessner) quält sich seit Jahrhunderten mit der Frage, wie Deutschland geographisch und mental zu definieren sei, was deutsch sei und welche nationalen Meistererzählungen Zukunftsversprechen genannt werden können. Das Hauptseminar will sich mit den kontroversen Diskussionen um solche Deutschlandbilder in Vergangenheit und Gegenwart intensiv auseinandersetzen. Debatten um nationale Identität waren und sind auch immer Geschichtsdebatten und Geschichtspolitik spielte und spielt eine wichtige Rolle bei den Versuchen, nationale Identität zu konstruieren. Der Konstruktivismus in der Nationalismusforschung hat in den vergangenen Jahrzehnten vielfältig belegen können, dass es sich bei kollektiven Identitäten, zu denen auch nationale Identitäten gehören, in der Tat um immer wieder umstrittene Konstruktionen handelt, deren Bedeutungsgehalt sich vehement verändern kann. Wir wollen hier für die deutschen Lande versuchen, sowohl die Debatten in der Zeit als auch die Debatten über die Zeit zu analysieren, um deutlich zu machen, welche Elemente in Vergangenheit und Gegenwart bei einer solchen Konstruktion nationaler Identität besonders wirkmächtig waren.

Einführende Lektüre:

  • Benedict Anderson, Imagined Communities: Reflections on the Origins and Spread of Nationalism, London: Verso, 1983.
  • Stefan Berger, Inventing the Nation: Germany, London: Bloomsbury, 2004.
  • Heinrich August Winkler (Hg.), Griff nach der Deutungsmacht: zur Geschichte der Geschichtspolitik in Deutschland, Göttingen: Wallstein, 2004.