Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbeziehungen im nordfranzösischen und belgischen Bergbau unter deutscher Besatzung

Mit 60% der Gesamtkohlenproduktion Frankreichs spielten die nordfranzösischen Reviere in der Vorkriegszeit eine große Rolle auf der nationaler Ebene. Nach der Niederlage Frankreichs und der Besetzung seines Territoriums konnte die französische Wirtschaft nicht mehr ganz über die nordfranzösische Kohlenproduktion verfügen, da die beiden Departements Nord und Pas-de-Calais dem Militärbefehlshaber in Belgien und in Nordfrankreich unterstellt wurden. Über die Verteilung der Ressourcen bestimmte nun die Besatzungsmacht, und der größte Teil der geförderten Kohle ging ins Deutsche Reich. Um sowohl den deutschen als auch den französischen wirtschaftlichen Bedürfnissen gerecht werden zu können, wurde von den Bergwerksgesellschaften eine Produktionssteigerung gefordert. Diese erhöhten Anforderungen gingen zu Lasten der Arbeitskräfte, deren Zahl sich seit Kriegsbeginn verringert hatte und denen von nun an unter der deutschen Besatzung allerlei Restriktionen auferlegt wurden. Neben einer Erhöhung der Arbeitszeit und Einführung von Sonntagsschichten wurden zum Beispiel ab 1942 auch sogenannte „Ostarbeiter“ angelegt.

Die Arbeitsverhältnisse und Arbeitsbeziehungen im nordfranzösischen und belgischen Bergbau unter deutscher Besatzung sind bislang von der Historiographie nicht ausreichend genug untersucht worden. Dies gilt im besonderem Maße für den belgischen Bergbau während des Untersuchungszeitraumes. Eine Aufgabe des Dissertationsvorhabens wird sein, diese Forschungslücke zu schließen. Insbesondere steht der Vergleich zwischen den belgischen und nordfranzösischen Bergrevieren im Mittelpunkt der Arbeit, die beide einem und demselben Militärbefehlshaber unterstanden. Wurden die Bergreviere unterschiedlich behandelt? Gab es nationale oder revierspezifische Unterschiede in der Reaktion auf die Behandlung durch die Militärbehörde? Welche Bedeutung hatte diese Reaktion im Kontext von Kollaboration und Widerstand?

Ein zweiter Schwerpunkt soll auf der Untersuchung der Arbeitsverhältnisse liegen. Insbesondere soll erarbeitet werden, ob über die Beschäftigung der o. g. Ostarbeiter hinaus von einem Zwangscharakter der Arbeit ausgegangen werden kann.

Neben militärischen und staatlichen Quellen sollen Unternehmensüberlieferungen die Grundlage der Dissertation darstellen.

Dieses Projekt wurde bearbeitet von:
Nathalie Piquet