Verantwortungszuschreibung und die Strukturierung transnationaler politischer Felder

Akteurs-Attributions-Netzwerk Analyse am Beispiel des internationalen Diskurses über Arbeitsbedingungen in Bangladesch

Projektleitung: Sabrina Zajak
Projektmitarbeiter: Tim Henrichsen
Laufzeit: Juli 2015-Oktober 2016

Wer soll Arbeitsstandards in konsumgüterproduzierenden Fabriken im globalen Süden wie regulieren? Wer Schuld hat an schlechten Arbeitsbedingungen und wer diese Situation ändern soll, ist höchst umstritten und Gegenstand vielfältiger Attributionen. Dieses Projekt verwendet einen neuen Ansatz zur empirischen Messung von Attributionen im internationalen Diskurs um die Umsetzung globaler Arbeitsstandards. Ausgangspunkt ist die Überlegung, dass die Zuschreibung politischer Verantwortung für bestimmte Handlungen konstitutiv für transnationale Politik ist. Dennoch fehlen bisher empirische Studien, die Aufschluss darüber geben, wie im öffentlichen Diskurs Verantwortung für politische Aktivitäten jenseits des Nationalstaates konstruiert wird. Doch Auseinandersetzungen darüber, wer für ein bestimmtes Problem verantwortlich ist und wer dieses lösen soll, ist von besonderer Relevanz für die Konstitution transnationaler Politikfelder, in denen verschiedene staatliche, internationale und private Regulierungsformen koexistieren und zum Teil auch in Konkurrenz zueinander stehen und von verschiedenen Akteuren immer wieder mobilisiert werden.

Wir analysieren die internationale Debatte über Arbeitsbedingungen in der bangladeschischen Textilindustrie, um herauszufinden, wie sich Diskurs-Akteursnetzwerke in den Debatten vor und nach dem Einsturz von Rana Plaza strukturieren. Wir haben das von Gerhards und Roose entwickelte Verfahren der Attributionsanalyse modifiziert und mit der sozialen Netzwerkanalyse integriert. Mit der Akteurs-Attributions-Netzwerkanalyse können wir zeigen, dass es kein Entweder-oder zwischen staatlichen und privaten Akteuren in Fragen der Schuld oder Verantwortungsübernahme gibt. Vielmehr kristallisiert sich ein Verantwortungsdreieck zwischen bangladeschischer Staat, transnationale Unternehmen und Fabrikbesitzer heraus, die von einer Vielzahl von Akteuren adressiert werden. Die hohe diskursive Deutungsmacht dieser Akteure spiegelt auch ihre strukturelle Macht wieder, auch wenn diese in den verschiedenen Netzwerken unterschiedlich sichtbar werden.

Das Projekt ging aus dem Projekt Transnationale Konflikte in der globalen Textilindustrie hervor.

Das Codebuch sowie einen Überblick über die ersten Ergebnisse finden Sie hier:

Zajak/Henrichsen (2017): Öffentliche Verantwortungszuschreibungen im internationalen Diskurs zur Umsetzung globaler Arbeitsstandards. Attributionsnetzwerke als Strukturmerkmal transnationaler Politik (Abstract)